Kein Deal ohne Gott: Judentum, Christentum und Islam, die drei abrahamitischen Religionen ordnen die Welt, auch die der Wirtschaft. Aber gelten ihre Lehren auch noch für den Turbokapitalismus unserer Gegenwart? Jacqueline Boysen im Gespräch mit dem Ökonomen und Philosophen Birger Priddat über Eigenverantwortung und Maßlosigkeit, die Anhäufung von Kapital, geplatzte Erlösungserwartungen und die Kirchensteuer als Flatrate.
Jacqueline Boysen
Geld und Glaube, Wirtschaft und Religion – wie verhalten sich diese Begriffe zueinander, sie scheinen unverbunden nebeneinander zu stehen?
Birger Priddat
Historisch gehören sie unmittelbar zusammen: Die jüdische, die christliche und die islamische Religion sind in Lebenswirklichkeiten entstanden, in denen der Handel hoch entwickelt war. Vergessen wir nicht: Mohammed selbst war Händler. Von jeher fragen die Menschen, wem steht was zu, was steht den Menschen zu – und was Gott? Wir haben im Zusammenleben bis heute ständig Fragen nach dem Aushandeln, nach Maß, Bemessung und Gerechtigkeit. Und natürlich folgt daraus ein – zumindest in den drei abrahamitischen Religionen – beschriebener ökonomischer Mechanismus. Die Verteilung aller materiellen und immateriellen Güter lassen sich in einer triangulären Beziehung darstellen: Mensch – Mensch – Gott. Jedes Handeln mit einem anderen Menschen steht für den Gläubigen immer unter der Beobachtung Gottes, jedes Maß ist eines, das auch vor Gott bestehen muss. Dieses Dreieck bekommt in den drei großen Schriftreligionen eine unterschiedliche Ausprägung. Im Neuen Testament wird mit Jesus Christus noch eine zusätzliche gesellschaftlich relevante Kategorie hinzugefügt: die Vater-Sohn-Beziehung, die Liebe Gottes, die Nächsten- und die Fernstenliebe, von der Jesus predigt, und die Gnade Gottes. Während wir im Alten Testament oder im Islam eher den zornigen Gott erleben, der das Leben beherrscht, haben wir in der – ich möchte sagen: aufgeklärteren – christlichen Variante die Verantwortung des Einzelnen vor Gott und damit eine weitere Kategorie zur Ordnung der Gesellschaft, auch übrigens Leitmotiv zur Ordnung der Kirche. Selbstverständlich sind auch die Märkte so zu ordnen, dass die Handelnden der Gnade Gottes teilhaftig werden.
JB: Welchen Beitrag leisten die Religionen zur Ethik des Handels oder Wirtschaftens?
BP: Ich bin skeptisch, ob sich aus der Religion eine für die Wirtschaft tauglich Ethik ableiten lässt. Man stellt im Zusammenhang von Ökonomie und Religion immer ethische Fragen, ist also bemüht, aus den Religionen Glaubenssätze für das ökonomische Handeln abzuleiten. Für mich ist aber etwas Anderes verbindend: Es ist die Glaubensfrage, die Glaubensintensität und Überzeugung. Es sind die Kategorien Hoffnung, Glaube, Erwartung, die Ökonomie und Religion gemeinsam haben, tatsächlich auch eine Heils- oder Erlösungserwartung – da erkenne ich zumindest in Europa eine entscheidende ideengeschichtliche Parallele, gerade in der oekonomia divina, der göttlichen Ökonomie. Sie hat gar nichts mit unserer Vorstellung von Wirtschaft zu tun, sondern meint oikos, das Haus, die griechische Haus- und Wirtschaftsgemeinschaft als kleinste Einheit menschlichen Zusammenlebens, aus der Novalis in der Frühromantik noch die „göttliche Haushaltung des Universums“ ableitet im Nachschatten der mittelalterlichen großen Schöpfungshaushaltung Gottes. Dahinter verbirgt sich ein schöpfungstheologischer Gedanke: Gott weiß, wie die von ihm erschaffene Welt sein soll, er hat das Haus schon geordnet und die Handelnden auf Grundsätze oder Regeln verpflichtet. Im Sinne einer Herrschaftstheorie erkennen wir so den Menschen als Untertan, der sich in eine Ordnung zu fügen hat, der gibt und dem gegeben wird.
JB: Das Geben und Nehmen in ökonomischen Prozessen ist für den Gläubigen ein Handel mit Gott?
BP: Ja, denn wenn wir diese Prozesse schematisch darstellen, sehen wir: Der Mensch gibt Gott und Gott gibt dem anderen Menschen. Nehmen wir als Beispiel den Samariter, der seinen Mantel teilt und so Gott wohlgefällig handelt. Barmherzigkeit, soziales Handeln ist dabei erst in zweiter Linie wichtig, primär ist die Gabe ein Akt zwischen dem Samariter und Gott. Gleichwohl kommt sie dem anderen Menschen zugute.
JB: Der Samariter spendet den Mantel, unser Wirtschaftssystem hält zum materiellen Profit an. In der Bibel gibt es Aussagen, die wir als Kritik am Gewinnstreben verstehen können: „Was nütze es dem Menschen, wenn er die ganze Welt gewönne und nähme doch Schaden an seiner Seele“, heißt es im Neuen Testament bei Matthäus in Kapitel 16. Wir lesen oft nicht weiter, dabei wird von Matthäus eine nächste Frage aufgeworfen: „Was kann der Mensch geben, womit er seine Seele auslöse?“ – wie gewinnt der Mensch Seelenheil?
BP: Der Mensch ist nach christlichem Verständnis gut, besonders wenn er teilt und nicht egoistisch Vermögen akkumuliert. Dieses Teilen wird auch in anderen Religionen zur Basis der Ordnung, die es erlaubt, gläubig in der Gemeinschaft zu bleiben und diese Gemeinschaft zu erhalten. Das Wort Gläubiger müssen wir nicht überinterpretieren, aber damit ist tatsächlich ein sozial-ökonomischer Zusammenhang beschrieben. Man will oder soll Geld geben und den Anderen das Dasein ermöglichen durch die eigene Gabe. Aber natürlich ist es kein funktionaler Deal mit Gott. Aber Grundvoraussetzung ist der Glaube. Wer nicht glaubt, der kann noch soviel geben, er wird nicht der Gnade teilhaftig werden.
JB: Hängt Euer Herz nicht an irdische Reichtümer, warnen die Psalmen, die Schätze helfen nicht, wirklicher Reichtum sei der von Gott gewährte. Sind diese biblischen Ansätze im Judentum und im Islam gültig?
BP: Im Judentum und im Islam hat das Geben noch stärker den Charakter des Gesetzmäßigen. Es wird ausdrücklich befohlen, den Armen zu helfen, Almosen sind Teil der Kultur und des gemeinschaftlichen Lebens. Dabei geht es um die Daseinsvorsorge. Um wieder im Christentum zu schauen: Im 13. Jahrhundert haben wir in der Thomasischen Theologie die Unterscheidung zwischen dem Nötigen, das der Mensch braucht, und dem Überzähligen, das er darüber hinaus anhäuft. Sie fragen, wer bestimmt, was das Überschüssige ist? Da muss man schließlich selbst kalkulieren – und so kommt wieder Gott ins Spiel, der mich zu der Frage der Eigenverantwortung bringt: praktiziere ich über meine Gaben, also auf ökonomischem Weg, genügend Nächstenliebe, um Gott wirklich gefällig zu sein?
JB: Ist die Buße ein Deal mit Gott? Bei Verfehlungen kauft sich der Sünder frei?
BP: Ja, nach der Beichte und nach einer Buße kann die Gnadenoption wiedererrungen werden. Aber die dem Menschen im ausgehenden Mittelalter auferlegten Zahlungen waren fragwürdig, so kam es zum Bruch zwischen Vorreformation und Reformation: Martin Luther erkannte und entlarvte den Ablass als Deal, aber weniger mit Gott als mit dem Klerus – und genau dagegen wandte sich der Reformator.
JB: Wenn wir heute Exzesse der Bereicherung nicht zuletzt auf Kosten der Gesellschaft erleben, scheint die Verehrung des Geldes religiöse Absolutheit erreicht zu haben – trägt der Kapitalismus religiöse Züge?
BP: Alles, was wir bis hierher besprochen haben, beschreibt eine vertikale Beziehung: Ich und Er, und Er ist die anerkannte letzte Instanz. Alles ist darauf zu prüfen, wie ich den Zugang zu Gott erhalte und gut genug handele, um belohnt zu werden. In der rationalen Moderne aber folgen wir einem Maximierungs- oder Steigerungsgrundsatz. Hier spielt der Tod eine Rolle: Der Tod wird von uns als final erkannt. Was ich erreichen will, muss folglich im Leben geschehen, der Gewinn wird im Diesseits, und nicht nach mittelalterlicher Vorstellung im Jenseits ausbezahlt. Der Preis des Himmels ist zu einem irdischen geworden. Und heute ist es meine private Angelegenheit, ob ich glaube oder ob nicht. In diese Gemengelage geht der Kapitalismus mit dem Handel mit Geld, Krediten, Zinsen und individuellem Gewinnstreben hinein. Er ist keine Ableitung aus der Religion, aber er gibt ein vergleichbares Versprechen. Und so trägt er religiöse Züge. Der Ökonom Robert H. Nelson spricht von Heaven on Earth, also der Verheißung und Erlösung schon im Diesseits, nicht erst im Himmel – über die Anhäufung von Kapital.
JB: Inwieweit ist das eine Perversion vom Credo der Unabhängigkeitserklärung der USA, die den Dreiklang von „life, liberty and the pursuit of happiness“ beschwor und persönliche Freiheit und materielle Sicherheit meinte?
BP: Das ist das große Versprechen des Liberalismus. Im 19. Jahrhundert entwickelte sich dagegen Kritik. In den Blick kam angesichts des Wohlstandsgefälles zwischen Besitzenden und Mittellosen das Wohl der Gesellschaft und im 20. Jahrhundert das Wachstumsziel. Aber jetzt haben wir das Ende von sozialen Bewegungen und des Wachstumsideals, weil den Generationen heute offenkundig wird, dass Wachstum im alten Sinne endlich ist. Die Verteilungs-, Klima- und Energiefragen zeigen es – und damit ist das Erlösungsversprechen weg. Wir merken, dass der Kapitalismus leergelaufen ist, sein Heilsversprechen ist zerplatzt, wir denken: mein Gott, wir können uns nicht mehr in ein noch besseres Leben hineingeben. In China – religiös und politisch anders geprägt – sind da noch lebendige Erwartungen. Aber wir definieren für uns Wachstum neu. Das ist schwierig, aber berechtigt: das Verhältnis von Geld, Banken, Finanzkapital, Krediten, Verträgen erfüllt keine Erlösungserwartung mehr. Wir sind ernüchtert und an einer Grenze, an der das Religiöse und das Wirtschaftliche nicht mehr notwendig korrelieren.
JB: Wir treiben nicht mehr Tauschhandel mit elementar lebensnotwendigen Gütern, sondern bezahlen in der arbeitsteiligen Gesellschaft mit Geld – ist das Geld zum Fetisch geworden?
BP: Ja, das liebe Geld... Das ist natürlich für Transaktionen unerlässlich. Wir tauschen nicht mehr und handeln ausdrücklich mit Geld: Die Wirtschaft ist kreditfinanziert, Gewinne erzielen wir über Zinsen, Derivate sind wiederum Ableitungen – und in dem Sinn ist das Geld sogar produktiv. Nun haben wir aber in den Finanzmärkten spekulative Investitionen, nicht mehr reale Erträge, die sich nicht mehr mit Produktion und Arbeitskraft rückkoppeln: ein milliardenschwerer Hedgefonds ist mit drei Leuten zu machen, ein gewinnträchtiges Stahlwerk braucht dagegen zehntausende anpackender Hände. Das Versprechen der Aktie, Gewinn für mich und andere zu erzielen und Kapital für die AG zu akkumulieren, das gesellschaftlich wirksam wird, weil auch der Arbeiter oder der Kleinanleger davon profitiert, ist geplatzt. Einkommen zur Sicherung des Lebensstandards, diese vorhin in biblischen Zusammenhängen beschriebenen Verpflichtungen, die der Gesellschaft dienen, sind da nicht mehr erkennbar. Wenn jetzt Liquidität in die Finanzmärkte geht, wird sie der Realwirtschaft entzogen, und für die Einkommensentwicklung ist sie nicht mehr wirksam. Das hat erstmal mit dem Religiösen nichts zu tun.
JB: Allenfalls insoweit, als Sie Geben und Nehmen als Akte gottgefällig beschrieben haben, den Finanzmärkten aber den Segensreichtum absprechen.
BP: Ja, das kennen wir seit dem 19. Jahrhundert. Die Spekulationsräume sind so enorm gewachsen und die Finanzräume können nicht mehr ernsthaft als Teil des volkswirtschaftlichen Ganzen wahrgenommen werden, weil sie keinen gesellschaftlich Nutzen mehr erfüllen. Der Glaube oder theologische Argumentationen helfen hier nicht mehr. Das Maß des Menschlichen im Leben auf den Tod hin, sollte mit diesen Aspekten zwischen Theologie und Ökonomie neu ins Gespräch gebracht werden, und da sehe ich derzeit noch eine Leerstelle. Was ich wahrnehme, sind ältere Formulierungen, Überlegungen zum Wachstum, aber nichts, was der derzeitigen Entwicklung gerecht würde.
JB: In Krisenzeiten gewinnen Glaubensfragen hohe Bedeutung, der religiöse Markt wächst, während die Kirchen hierzulande über Austritte klagen – was hat das für Folgen?
BP: Viele Menschen haben heute drei bis vier Glauben, man ist evangelisch oder katholisch sozialisiert, findet aber auch im Buddhismus oder Hinduismus etwas Passendes, mag Yoga, Laotse und ist fasziniert vom jüdischen Glauben, den islamischen Derwischen oder dem einen oder anderen Guru und interessiert sich auch für Schamanen. Es wird alles probiert. Das Bedürfnis nach Spirituellem ist hoch, man verfällt allen möglichen Glaubensrichtungen und sammelt einzelne Glaubenselementen aus verschiedenen Religionen. Wer ökonomische Prozesse heute nicht mehr versteht, sucht nach Erklärungsmustern auch im Magischen. Darin ist ein Glaubensmoment enthalten, die Suche nach einer höheren Ordnung. Vor allem wird Letztgültiges mit Blick auf den Tod gesucht. Die Frage nach dem Leben nach dem Tod wird durch die Auffächerung in unterschiedliche Glaubenselemente vielstimmig beantwortet, lieber mit vielen Optionen als gar keiner. Zur Beruhigung wird ein Portfolio von Religionsmustern angelegt, eines wird schon wirken. Die Vielfalt nimmt zu, das hat nichts mit dem großen, unbedingten Glauben und der Hinwendung zu einem Gott zu tun, aber drückt doch ein Bedürfnis nach Errettung aus.
Und wir beobachten die Marktförmigkeit des Religiösen: Sie verheißt jetzt schon Glück oder Erfüllung, da muss nicht auf die Zeit nach dem Tod gewartet werden, sondern Hoffnung bekomme ich gleich. Dafür, den Gesetzen des Marktes folgend, opfert man auch ordentlich Geld. Viele dieser Heilslehren werden nicht gratis angeboten. Die einzigen, die noch günstig Seelsorge anbieten, sind die Kirchen. Die Kirchensteuer ist wie eine Flatrate, aber für einen tüchtigen Schamanen muss ich erstmal 800 Euro hinblättern...
JB: Sie setzen die experimentelle Augenblickserwartung an das Abenteuer mit dem Schamanen gleich mit demütiger Religiosität – ist das legitim?
BP: Ja, der anzubetende Gott wurde ausgetauscht. Das ist eine Folge des Niedergangs der Kirchen, von der eigenen Tradition erwartet man nicht mehr viel, die Prägung verblasst... Die Kirchen sind ein Broker- oder Reisebüro, der Mittler. Aber wo der Glaube nachlässt, ist die Kirche als spiritueller Mittelpunkt weg, man wendet sich in gleicher Intensität auch anderen Anbietern zu, es hat sich ein Polytheismus entwickelt, das Spektrum ist weit und es spuken auch Geister, Hexen und Dämonen herum, von Engeln ganz zu schweigen.
Aber ist kein Wahrheitsanspruch mehr da, die Vaterfigur, die Leben gibt und nimmt, ist zusammengeschrumpft, ersetzt durch kleine Geister, auch austauschbare Geister. Das ist Ausdruck von Unsicherheit. Niemand traut mehr der Zeit, der Geschichte. Da ist nur die breite Gegenwart, wie der Literaturwissenschaftler Hans Ulrich Gumbrecht sagt: Nicht mehr den Kindern soll es besser gehen, die Zukunft ist nicht mehr das Thema, sondern der Weg zum Heil in der Gegenwart.
JB: Ist das ein typisch westliches Denken, weil es Wohlstand voraussetzt?
BP: Durchaus, zum Beispiel der Islam hat da ein ganz anderes Selbstverständnis, die Muslime wollen zurück in den Ursprung, das heißt, die Zukunft ist der Ursprung, daher auch die Tendenz zur Härte und der wörtlichen Koran-Auslegung. Es kommen vormoderne Herrschaftsvorstellungen zum Tragen. Die Kalifate sind ausgerichtet gen Mekka, hochzentriert auf Allah. Jeder steht in diesen Ausprägungen des Islam stets unter Beobachtung – das ist kulturgeschichtlich interessant, weil es die Entwicklungsfähigkeit der Gesellschaft berührt. Es ist eine fortschrittsfeindliche Theologie, die uns fern ist, weil wir mit dem Appell leben, macht Euch die Welt untertan. Im Islam fehlt der Impuls, die Gesellschaft zu entwickeln. Das gilt auch für die ökonomische Entwicklung. Bei Juden ist das historisch gesehen ganz anders – schon allein, weil Juden im Laufe ihrer Geschichte nicht in geschlossenen Gemeinschaften lebten, sondern in der Diaspora in der Auseinandersetzung mit Nicht-Juden, was wiederum auch die Handelsaktivitäten beeinflusste, wenn wir an Zinsverbote oder andere Restriktionen denken. Da muss viel im Leben geschehen. Auch da ist ein tragender Gedanke die Hoffnung auf die Rückkehr nach Jerusalem, auf den Messias, auf die Erfüllung immateriell begründeten Heils.
JB: Herr Priddat, wie sehen Sie sich selbst – als Gläubigen oder als wissenschaftlich neugierigen Beobachter und Analysten?
BP: Ich schaue eindeutig von außen – und dies nicht, weil ich im Alter von 16 Jahren aus der evangelischen Kirche ausgetreten bin. Aber ich bin zunehmend überzeugt, dass Glaube in Wirtschaft und Gesellschaft auch heute eine mächtige Wirkkraft entfaltet. Ich bin auch nicht mehr kritisch oder herablassend gegenüber Gläubigen. Ich halte es für möglich, dass Menschen, die glauben, ihr Leben besser gestalten können.
Wenn man genau hinschaut, wie Finanzanleger mit ihren Milliarden handeln, so basiert die Zinserwartung nicht mehr auf Wissen oder nüchterner Berechnung, sondern auf Hoffnung. Da sehen wir, dass die Welt, die vordergründig alles andere als religiös ist, hochreligiös aufgeladen ist. Da sind Glaubensstrukturen am Werk, die lebensweltlich präsent sind und die wir natürlich ernst nehmen und zwischen Theologie und Ökonomie diskutieren müssen.
JB: Herr Priddat, haben Sie vielen Dank für das Gespräch.