Philosophisches, Kulturpolitisches und Zeitgeschichtliches

Eine thematische Zusammenstellung aus dem Magazinarchiv

"Am Ende aller Gewissheiten"— so lautet der Titel eines Beitrags von Carolin Emcke aus dem Jahr 2013 im Magazin 21, in dem die Autorin und spätere Friedenspreisträgerin des Deutschen Buchhandels über das kogni­tive Unvermögen schreibt, Krieg zu begrei­fen; über die Wirkungsmacht von Schmerz und Gewalt und die Sprachlosigkeit derjeni­gen, die dem Krieg ausgesetzt sind und de­ren Existenz sich in dieser neuen Wirklich­keit auf das tägliche Überleben reduziert.

Inwieweit können wir uns in das jeweili­ge Gegenüber so weit hineinversetzen, dass wir die Lage, die Erfahrungen und die Ge­fühle verstehen bzw. sich der- oder diejenige sich wirklich verstanden fühlt? Mit Fragen der Empathie, der "Cohabitation", des Zusam­menlebens — unter anderem auch von Mensch und Tier — beschäftigt sich ausführlich das Magazin 36 (2021). Dass Einfühlungsvermö­gen und der Wille zu verstehen nicht zwangs­läufig zu einem gelungenen Perspektivwech­sel und gegenseitiger Verständigung führen und dass Empathie gleichwohl "zu guten wie zu schlechten Zwecken eingesetzt werden" kann, führt der Philosoph David Lauer in seinem Essay "Vom Nutzen (und Nachteil) der Empathie"  vor Augen.

Auf die Frage, wie nicht nur ein Neben-, sondern auch ein Miteinander von unter­schiedlichen Erinnerungskulturen ohne Op­ferkonkurrenzen funktionieren kann, er­öffnen die Historikerinnen Mirjam Zadoff und Manuela Bauche ebenfalls im Magazin 36 zwei sehr unterschiedliche Perspektiven. In ihrem Beitrag "Was (zu tun) bleibt"  be­klagt Zadoff eine unzureichende Berück­sichtigung von Diversität bei der Aufarbei­tung der Vergangenheit und plädiert für eine Erinnerungskultur, die sich nicht vor Widersprüchen scheut. Bauche befasst sich in "Walking the Line"  ganz konkret mit Kno­chenfunden auf dem Gelände der Freien Universität Berlin, insbesondere der Geschich­te des Fundortes, dem ehemaligen Kaiser-Wilhelm-Institut für Anthropologie, mensch­liche Erblehre und Eugenik (KWI-A) und damit, was diese Funde über die Überlap­pungen von Erinnerungskultur und die So­lidarität zwischen betroffenen Communities aussagen.

Vor den Auswüchsen des (Überwachungs-) Kapitalismus und einer zunehmenden Ver­sklavung des Menschen im Zuge der digita­len Durchdringung aller Lebensbereiche warnt Aral Balkan. Der international ver­netzte Menschenrechtsaktivist ist Gründer und Lead Designer von Ind.ie und setzt sich für unabhängige Technologien ein, die sozi­alen, nicht wirtschaftlichen Interessen die­nen. Sein Cyber-Manifest "Sklaverei 2.0 und wie man sie vermeiden kann: Eine praktische Anleitung für Cyborgs" ist im Magazin 32 (2019) veröffentlicht.

Wie wir uns eine Unabhängigkeit im Netz bewahren und unsere Privatsphäre und An­onymität im Digitalen zurückerobern können, beschäftigt auch den Designer und Künstler Tristan Schulze. 2019 entwickelte er für das Magazin 33 die App SUPER_ID, die zu einer ästhetisch-spielerischen Auseinanderset­zung mit digitaler Identität, Verschlüsselung und Augmented Reality einlädt: Auf Basis von biometrischen Daten und Audioprofilen können mit der Anwendung digitale Avatare kreiert und auf das eigene Gesicht projiziert werden. Die App-Nutzer bestimmen selbst, wie viel sie von sich und ihrer (Super-)Iden­tität preisgeben.

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