Neue künstlerische und kulturelle Praxen

Eine thematische Zusammenstellung aus dem Magazinarchiv

Wenn ganz normale Bürger an ganz norma­len Ortschaften die Gelegenheit bekommen, international renommierte Künstlerinnen damit zu beauftragen, ein Kunst­werk nach ihren Vorstellungen zu gestalten, dann ist das alles andere als „normal“, weder für die Bürgerinnen noch für die Künstler. Die Initiative Neue Auftraggeber ermöglicht seit 2017 Projekte, in denen soziales En­gagement von Bürgerinnen und die bildne­rische Kraft von Künstlern vor Ort Zusam­menhalt und Gemeinsinn stärken. Wie solche Projekte entstehen und wachsen, beschreibt Alexander Koch, Kurator und Direktor der Gesellschaft der Neuen Auftraggeber, in "Je­dem Auftrag wohnt mindestens ein Bürger inne"  (Magazin 34, 2020). Er denkt über grundsätzliche Fragen nach, wie "Wer be­stimmt über die Kunst vor Ort?" oder "Wen und was kann und soll sie repräsentieren?".

Das Lenbachhaus München beherbergt eine einzigartige Sammlung zum Blauen Reiter, ein kanonisch gewordener Teil des europäischen Kulturerbes. Unser Programm Museum Global war für das Ausstellungs­haus ein willkommener Anlass, die berühm­te Künstlergruppe erstmalig im Kontext von Künstlerkollektiven zu betrachten, die um 1900 in anderen Gegenden der Welt wirkten. Der Direktor des Lenbachhauses, Matthias Mühling, erläuterte in "Neues Kolorit für den Blauen Reiter"  (Magazin 29, 2017), wie dieser Ansatz den westlich geprägten Blick auf die Moderne weitet und ein Umdenken in der kuratorischen Praxis erfordert.

Unaufhaltsam dringt die Digitalisierung in die Künste, das Kunstschaffen und die Kunstrezeption vor. Das Magazin 33 (2019) begibt sich auf die Spuren künstlerischer Praxen, die die Schnittstellen zwischen dem Analogen und Digitalen erforschen. Während die Verlegerin und Autorin Nikola Richter mit "Stören und Senden" ein eindrückliches Kom­pendium neuester digitaler Literaturen zu­sammenstellt, zeigt die Rundfunkjournalis­tin Martina Seeber in "Der Klang von Einsen und Nullen", wie digitale Technik sowohl das kompositorische Schaffen als auch die musi­kalische Umsetzung in den letzten Jahren ver­änderte. Der "Google-Instinkt"  (Magazin 37, 2021) erfordere neue Kulturtechniken, stellen die Soziologin Elena Esposito und Cosima Terrasse vom Künstlerkollektiv Laokoon im Gespräch fest. Ausgehend von Laokoons künstlerischem Datenexperiment "Made to Measure", in dem sie die jüngste Vergangen­heit eines Menschen anhand von Datenspu­ren im Internet rekonstruieren, suchen sie gemeinsam nach Ansätzen für technische und politische Interventionen.

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