Das vorliegende Heft hat wieder ein Schwerpunktthema: Diesmal ist es „Krieg“. Der Ausbruch des Ersten Weltkrieges jährt sich im nächsten Jahr zum hundertsten Mal, und tatsächlich verzeichnet dieses Gedenkereignis jetzt schon eine erhöhte öffentliche Aufmerksamkeit. Das ist alles andere als selbstverständlich, denn in Deutschland besitzt die Erinnerung an den Ersten Weltkrieg wenig Prominenz. Das sieht in anderen europäischen Staaten anders aus. Wir hingegen müssen einige Anstrengungen unternehmen, die erinnerungskulturelle Schwelle des Dritten Reiches rückwärts zu überschreiten. Welches Erbe haben uns die Ereignisse und Erfahrungen des Ersten Weltkriegs hinterlassen, mit dem das lange 19. Jahrhundert zu Ende ging? Wie wollen und können wir im 21. Jahrhundert daran anknüpfen?
Das sind Fragen, mit denen sich Schriftstellerinnen und Schriftsteller in persönlichen Statements („August 1914“) auseinandersetzen wie sich auch eine Reihe von Projekten und Veranstaltungen der Kulturstiftung des Bundes damit befasst. Das fängt an mit einer Konferenz zu „100 Jahre Sacre du Printemps“, dem Tanzskandal aus dem November 1913. Hier sind musikalisch und tänzerisch Motive vorweggenommen, die ein Dreivierteljahr später menschenverachtende Realität werden sollten. Im Rückblick zeigt sich hier exemplarisch, dass sich unsere Haltung zum Opfer in den letzten hundert Jahren gewandelt hat. Der heldische Tod fürs Vaterland, das „aktive Opfer“ auf den Schlachtfeldern hat in den westlichen Ländern weitgehend ausgedient und ist technisch überholt. In den muslimischen Kriegs- und Bürgerkriegsgebieten herrscht allerdings eine andere Mentalität, dort wird das Märtyrertum, das Selbstopfer gefeiert.
In der zentralen Rolle, die das Opfer in unseren Diskursen einnimmt, manifestiert sich möglicherweise ihnen gegenüber eine höhere Sensibilität, die uns die deutsche Erinnerungskultur mit ihrem Fokus auf den Zweiten Weltkrieg und den Holocaust beschert hat. Herfried Münkler und Manfred Hettling entwerfen auf je eigene Weise zeit- und mentalitätsgeschichtliche Panoramen rund um das Opferthema in Zeiten des Krieges. Ein Artikel der Kriegsreporterin Carolin Emcke, die Gründe dafür sucht, warum es generell so schwer ist, vom Krieg zu erzählen, beschließt unseren Schwerpunkt.
Mit Besorgnis werden in den Medien die derzeitigen politischen und gesellschaftlichen Entwicklungen im EU-Land Ungarn verfolgt. Wir haben Theaterschaffende, die mit Sanktionen zu kämpfen haben, gefragt, wie ihre persönliche Situation ist und ob sie an eine Ausreise denken, wie immer mehr ihrer Landsleute. London gilt mittlerweile als viertgrößte ungarische Stadt, nach Deutschland sind allein in der ersten Hälfte des Jahres 2013 mehr Ungarn ausgewandert als im gesamten letzten Jahr. Weiterhin berichten wir über Neuigkeiten aus unserem internationalen Programm „Afrika“ und kündigen hier schon an, dass unser nächstes Heft im Frühjahr 2014 wieder einen Themenschwerpunkt haben wird: „Afrika“.