Stiftungsrat der Kulturstiftung des Bundes verabschiedete insgesamt 41,5 Mio. Euro
Unter Vorsitz der Kulturstaatsministerin Monika Grütters tagte gestern der Stiftungsrat der Kulturstiftung des Bundes. Er beschloss Förderungen im Gesamtumfang von 41,5 Mio. Euro.
Seit 2004 fördert die Kulturstiftung des Bundes mehrere kulturelle Spitzeneinrichtungen und Veranstaltungsreihen verschiedener Sparten, die zum internationalen Renommee von Kulturveranstaltungen in Deutschland beitragen. Der Stiftungsrat befürwortete die Fortführung der Förderung aller gegenwärtig geförderten kulturellen Leuchttürme bis zum Jahr 2022 und erstmalig auch eine Erhöhung ihrer Etats. Damit erhalten das Theatertreffen künftig 1,9 Mio. Euro, die Donaueschinger Musiktage 252.000 Euro und die transmediale 550.000 Euro pro jährlicher Ausgabe. Die Berlin Biennale wird ab der nächsten Ausgabe mit 3 Mio. Euro unterstützt. Das Ensemble Modern erhält jährlich 250.000 Euro und der World Cinema Fund 360.000 Euro. Der alle drei Jahre stattfindende Tanzkongress bekommt 960.000 Euro. Die documenta erhält bis 2022 eine Förderung von insgesamt 4,5 Mio. Euro.
2 Mio. Euro stellt die Kulturstiftung des Bundes bis 2020 für das Projekt Neue Auftraggeber nach dem Vorbild der in Frankreich erfolgreichen Initiative Nouveaus Commanditaires zur Verfügung. Lokal organisierte Bürgerinnen und Bürger werden dabei unterstützt, mit international renommierten Künstlerinnen und Künstlern in Kontakt zu treten, um ein eigenständiges Werk gleich welcher Sparte speziell für ihren Herkunftsort in Auftrag zu geben. Jedermann kann zum Auftraggeber bedeutender Kunstwerke werden – so lautet das Credo der Neuen Auftraggeber. Die Kulturstiftung des Bundes unterstützt die in Deutschland in Gründung befindliche Gesellschaft der Neuen Auftraggeber darin, die Entwicklung von erst einmal max. 20 Projekten zu erproben. Sie fördert diese Vorhaben bis zur Erarbeitung eines konkreten künstlerischen Entwurfs. Die Akquise zur Finanzierung der Produktion der Werke soll dann durch die lokalen Neuen Auftraggeber organisiert werden.
Die Kulturstiftung des Bundes beteiligt sich am Beethovenjahr 2020 anlässlich des 250. Geburtstages des Komponisten mit dem Projekt be beethoven, indem sie das Musikfestival PODIUM Esslingen für die Einrichtung von zwölf anderthalbjährigen Residenzen für internationale Künstler/innen mit 1,5 Mio. Euro fördert. Beethoven – einer der meistgespielten Komponisten der Welt – war stets auch ein Querdenker, ein Unangepasster, der die Musikszene seiner Zeit aufgerührt hat und in technischer wie ästhetischer Sicht einen ganz neuen – bürgerlichen – Künstlertypus geschaffen hat. Es geht bei dem Projekt be beethoven um den Versuch, im Geiste Beethovens neue Produktionsweisen im Bereich Musik zu entwickeln und zu erproben, neue Verfahren der Komposition, Technik, Produktion, Aufführung, des Vertriebs und der Vermittlung von klassischer Musik.
Die Kulturstiftung des Bundes führt den Fonds Doppelpass (öffnet neues Fenster) für Kooperationen von freien Gruppen und festen Tanz- und Theaterhäusern fort und stellt hierfür im Zeitraum 2017 bis 2021 weitere 5,5 Millionen Euro zur Verfügung. Dies erlaubt zwei weitere Antragsrunden in den Jahren 2017 und 2018. Neu ist, dass die bisherigen Tandems um einen dritten Partner, ein Theater- oder Produktionshaus, das auch im Ausland liegen kann, erweitert werden sollen, damit von vornherein die Voraussetzungen für eine Gastspielfähigkeit der Produktionen eingeplant werden.
In der antragsgebundenen Allgemeinen Projektförderung empfahl die Jury 37 Projekte mit einer Gesamtförderung von 5,7 Mio. Euro, darunter diese: Installationen internationaler, zeitgenössischer Künstler/innen setzen sich unter dem Motto Targeted Interventions am Militärhistorischen Museum der Bundeswehr in Dresden auf unterschiedliche Weise mit Körperlichkeit und Gewalt auseinander. – – – Das Haus der Kunst in München führt mit seiner Ausstellung FMP: The Living Music das Schaffen jener Gruppe vor Augen, die sich seit den 1960ern für bessere Arbeitsbedingungen von jungen Musikern in der Freien Musik einsetzte. – – – In seinem Projekt Reading the Baltic erarbeitet und diskutiert das Literaturhaus Rostock gemeinsam mit Schriftstellern und Übersetzern, Literaturvermittlern und dem Publikum einen internationalen literarischen Kanon zum Ostseeraum mit Texten aus 2.000 Jahren. – – – Die im Iran aufgewachsene und in den USA lebende Künstlerin Shirin Neshat steht im Fokus einer Werkschau der Kunsthalle Tübingen, die sich kritisch mit den gegenwärtigen Rollen von Frauen in patriarchalischen Gesellschaften auseinandersetzt. – – – Theatermacher/innen erhalten im Rahmen des Festivals für internationale Neue Dramatik der Berliner Schaubühne Gelegenheit, sich mit dem gegenwärtigen Stand der Demokratie, ihrer Gefährdung und ihren Widersprüchen zu befassen. – – – Das Centrum für Naturkunde der Universität Hamburg fragt in seinem Ausstellungsprojekt Verschwindende Vermächtnisse danach, wie Naturkundemuseen auf den Klimawandel und das Schwinden der Artenvielfalt reagieren können. – – – Der 100. Jahrestag der Russischen Revolution ist Anlass für das Kunstfest Weimar, mit dem Projekt Große Erzählungen: 100 Jahre Kommunismus die Frage nach Erbe und Aktualität dieses Gesellschaftssystems zu stellen. – – – Anlässlich des 85. Geburtstages von Alexander Kluge richtet das Essener Museum Folkwang eine umfassende Werkschau aus, deren Schwerpunkt auf dessen virtuosen filmischen Bildcollagen liegt. – – – Herkunftssache ist der Titel eines internationalen Kongresses im Literaturhaus Stuttgart, der soziale, kulturelle und ethnische Herkunft aus einem interdisziplinären Blickwinkel beleuchtet. – – – Give us back our voice! heißt ein Programm, mit dem der Spielmotor München anhand der Arbeiten ostasiatischer Künstler das eurozentristische Politikverständnis infrage stellt, dem zufolge die repräsentative Demokratie als beste aller Staatsformen gilt. – – – Das internationale Festival für zeitgenössische Musik Acht Brücken | Musik für Köln richtet unter dem Motto Ton. Satz. Laut. seinen Fokus auf die südkoreanische Künstlerin Unsuk Chin, eine der bedeutendsten Komponistinnen unserer Zeit.
Die nächste Jurysitzung im April 2017 findet turnusgemäß in neuer Besetzung statt: Der Stiftungsrat berief Manuel Gogos, Björn Gottstein, Wolfgang Hörner, Gerald Siegmund, Susanne Titz, Bart van der Heide und Almut Wagner für die Jahre 2017 bis 2019 in den Fachbeirat Allgemeine Projektförderung (Jury).