Bauernkriegspanorama – eine Re-Komposition

Als Allegorie des Lebens könnte man Werner Tübkes monumentales Wandbild „Frühbürgerliche Revolution“ – besser bekannt unter dem Titel Bauernkriegspanorama – bezeichnen, zeigt es doch nicht nur den namensgebenden Aufstand von 1524, sondern integriert unterschiedliche historische Ereignisse einer ganzen Epoche. Entstanden ist das Gemälde im staatlichen Auftrag in der ausgehenden DDR und wird heute in einem eigens dafür errichteten Gebäudekomplex ausgestellt. Würde ein solches Epochenpanorama heute entstehen, was wäre darauf zu sehen? Brennende Wälder, schmelzende Polkappen, Artensterben, Stadt-Land-Gefälle, Leiharbeit, Fluchtrouten, Rechtspopulismus?

Das Theater Eisleben macht sich in Kooperation mit cobratheater.cobra und der Hochschule Merseburg auf zu einer Re-Komposition des Bauernkriegspanoramas. Entstehen sollen dabei zwei Produktionen: Das Projekt startet mit einer Inszenierung von Fragmenten des neukomponierten Bildes als Tableau vivant im öffentlichen Raum des Mansfelder Lands. Ganz ähnlich wie in Tübkes Wandbild scheint so eine ganze Epoche mit ihren vielen Tausend Ereignissen und Schicksalen dabei in einem Standbild eingefroren. Für die Recherche arbeiten die Künstlerinnen mit Kindern und Jugendlichen aus Eisleben zusammen, die als „Expertinnen des Zukünftigen“ im Mittelpunkt der Handlung stehen. Zusätzlich zu Workshops werden die jungen Menschen mit technischen Geräten Daten in ihrem Alltag sammeln, die zusammen mit Archivmaterial in das neuronale Netz einer KI eingespeist werden. Im Anschluss wird die Maschine aus den gesammelten Datensätzen ein Bild erstellen – ein Bauernkriegspanorama 4.0, das wiederum als Raumhintergrund für die zweite Produktion des Projekts fungiert. Diese wird als Bühnenproduktion im Theater Eisleben zur Aufführung kommen.

Entsprechend der offenen Arbeitsweise ohne klare Funktionsbegrenzungen des Künstlernetzwerks cobratheater.cobra sind Studierende der Hochschule Merseburg im Fachbereich Soziale Arbeit.Medien.Kultur mit dem Schwerpunkt  Theaterpraxis / Theatervermittlung eingeladen, sich in unterschiedlichen künstlerischen Bereichen am Projekt zu beteiligen. Parallel zur künstlerischen Mitarbeit finden Workshops und Seminare zum Projekt an der Hochschule statt, für die das Theater für junges Publikum über ein akademisches Jahr zum inhaltlichen Schwerpunkt wird.