Visionary Archive
Forschungsprojekt, Filmfestival und Ausstellung - Gefördert im Fonds TURN
"Visionary Archive" war ein kollaboratives, translokales Experiment: An fünf Orten wurde in Filmarchiven zu Phasen und Facetten des afrikanischen Kinos recherchiert. Für das Projekt kooperierten fünf Archive mit sehr unterschiedlichen Sammlungsgeschichten, um gemeinsam neue Präsentationsformen für ihre Filmbestände zu entwickeln. Der Begriff eines "afrikanischen Kinos" diente dabei als offene Klammer, in der historische Echos ebenso zur Geltung kamen wie offene Fragen. Funde und Filme wurden mehrfach mit verschiedenen Öffentlichkeiten diskutiert.
Partner waren neben dem Arsenal – Institut für Film und Videokunst e.V. in Berlin das nicht-staatliche Projekt Cimatheque – Alternative Film Centre in Kairo, das unabhängige Kino The Bioscope in Johannesburg, das Archiv des Filmemachers Gadalla Gubara in Khartum sowie der Verein Geba Filmes in Bissau.
Im Zentrum der Zusammenarbeit, die in fünf thematischen, vernetzt arbeitenden Einzelprojekten organisiert war, stand die Frage, wie eine zeitgemäße transkulturelle kuratorische und künstlerische Arbeit mit Archiven und Archivforschung aussehen kann. So ging es im Projekt "Revisiting Memory" mit der Cimatheque in Kairo um die Frage, wie Filme und Archive dem gesellschaftlichen Umbruch und den jüngsten Veränderungen der Gesellschaft Ausdruck verleihen können. Das Projekt "B-Schemes" in Johannesburg widmete sich der kritischen Aufarbeitung und Präsentation von bis dato noch wenig erforschten südafrikanischen Filmen der sogenannten "B-Schemes", einem staatlichen Programm zur Förderung von "Schwarzen Filmen für Schwarze Zuschauer" aus der Zeit des Apartheid-Regimes. "Studio Gad" war eine kollaborative Arbeit über das private Filmarchiv des im Jahr 2008 verstorbenen Regisseurs Gadalla Gubara in Khartum. Gubaras Archiv dokumentiert den Weg des Sudans von der Unabhängigkeit über die westliche Modernisierung bis zur islamischen Revolution. Dieses Archiv sollte wieder sichtbar und die Filme dabei in einen aktuellen, lebendigen Zusammenhang gestellt werden. Das Projekt "Von Boé nach Berlin – Ein mobiles Labor zur Filmgeschichte Guinea-Bissaus" widmete sich dem kurze Zeit vorher erschlossenen und digitalisierten Archivbestand des nationalen Filminstituts von Guinea-Bissau.
Im Mai 2015 mündete das Projekt in ein umfassendes Abschlussprogramm in Berlin. Ein zehntägiges Festival präsentierte die Arbeitsergebnisse anhand von Filmreihen, Vorträgen und einer Ausstellung.
Veranstaltungsorte von "Visionary Archive" waren das Kino Arsenal und der Neue Berliner Kunstverein in Berlin sowie Institutionen an den jeweiligen Standorten der Projektpartner.
"Visionary Archive" war ein Projekt des Arsenal – Institut für Film und Videokunst e.V. in Berlin.
Projektteilnehmer/innen: Hana Al Bayaty (EG), Filipa César (DE), Tamer El Said (EG), Darryl Els (ZA), Yasmin Desouki (EG), Sara Gubara (SD), Marie-Hélène Gutberlet (DE), Tobias Hering (DE), Nadja Korinth (DE), Sana na N’Hada (GW), Stefan Pethke (DE), Stefanie Schulte Strathaus (DE), Katharina von Schroeder (DE)
Abschlussfestival
Vom 21. bis 31. Mai 2015 kamen die Teilnehmer/innen des Projekts in Berlin zusammen, um Einblicke in die Materialvielfalt zu geben, mit der sie sich beschäftigt haben, um Ergebnisse zu präsentieren und offene Fragen zur Diskussion zu stellen. Das elftägige Programm verstand sich als eine Mischung aus Abschlussfestival und öffentlichem Arbeitstreffen. Das Festival begann mit der Weltpremiere Ahmed Bedjaouis Films "Le grand Détour" (ALG 1968), der rund 40 Jahre im Archiv des Arsenals schlummerte, und endete mit Kino unter freiem Himmel, das in Bissau begann und in Berlin fortgesetzt wurde. Dazwischen lagen Filmvorführungen, Werkstattgespräche, Ausstellungen und drei Workshops zu Kernmotiven der Filmarchivarbeit – ein dichtes, zum Mitdenken anregendes Programm im Kino Arsenal am Potsdamer Platz, im Projektraum Scriptings im Wedding und bei Archive Kabinett in Kreuzberg.
Mit Filmen von Ahmed Bedjaoui, Jean-Pierre Bekolo, David Bensusan, Charles Burnett, Assia Djebar, Tobias Engel, Haile Gerima, Gadalla Gubara, Med Hondo, Gibson Kente, Brigitta Kuster, Angelika Levi, Lennart Malmer, Chris Marker & Alain Resnais, Tonie van der Merwe, Sana na N’Hada, Pape Seck, Ousmane Sembène, Luis de Witt u.a.
Gäste: Enoka Ayemba (Filmkurator, Berlin), Ahmed Bedjaoui (Filmwissenschaftler/Journalist/Kurator/Filmemacher, Algier/Paris), Jean-Pierre Bekolo (Filmemacher/Produzent, Yaoundé/Paris), Kudzanai Chiurai (Künstler, Harare), Projekt "Colonial Neighbours" (Galerie SAVVY Contemporary, Berlin), Gairoonisa Paleker, Sifiso Khanyile (Filmemacher/Produzent, Johannesburg), Brigitta Kuster (Künstlerin/Theoretikerin, Berlin), Achim Lengerer (Künstler/Kurator, Berlin), Angelika Levi (Filmemacherin, Berlin), Lennart Malmer (Filmemacher, Stockholm), Litheko Modisane (Literaturwissenschaftler, Johannesburg), Aalya Musa (Filmemacherin, Khartum), Aïssatou Seidi (Journalistin, Bissau), Ala Younis (Künstlerin/Kuratorin, Amman)
Visionary Archive bei Forum und Forum Expanded, Berlinale 2015
Mittwoch, 11. Februar 2015, Akademie der Künste Berlin, Hanseatenweg 10
Seit Juni 2013 verband das Projekt "Visionary Archive" Filmrecherchen in Berlin, Bissau, Johannesburg, Kairo und Karthum. Diese Recherchen gingen auf ganz unterschiedliche Weise der Frage nach, was ein lokal archiviertes Filmkonvolut angesichts gesellschaftlicher Umwälzungen und Verdrängungsprozesse für Erinnerungs- und Emanzipationspraktiken zu leisten imstande ist. Welche Geschichten lagern in diesen Archiven und ihren Filmen? Welche Revisionsprozesse werden mit der Sichtung des disparaten, idiosynkratischen und fragmentarischen Materials angestoßen?
Die gemeinsame Präsentation des Projekts im Rahmen von Forum Expanded setzte diese Fragen mit Bildern und Tönen performativ um und gab Einblicke in die Praktiken und Methoden der laufenden Subprojekte. Diese gelten dem südafrikanischen "B-Schemes"-Konvolut von Filmen für eine schwarze Zuschauerschaft der 1970er bis späten 1980er-Jahre, dem genre- und epochenübergreifenden Lebenswerk des sudanesischen Filmemachers Gadalla Gubara, einem Archivforschungsprojekt in der Cimatheque - Alternative Film Centre in Kairo, das Zeiten historischer Übergänge untersucht, einem in Guinea-Bissau teilweise erhaltenen dokumentarischen Filmbestand aus den 1970er Jahren sowie der eng mit der Geschichte des Forums der Berlinale verknüpften Sammlung von Filmen afrikanischer Filmemacher/innen im Archiv des Arsenal – Institut für Film und Videokunst.
12:00 Einführung
12:15 B-Schemes, Darryl Els
12:45 From Boé to Berlin, Filipa César und Flora Gomes
13:15 It all depends, Tobias Hering und Marie-Hélène Gutberlet
14:00 Studio Gad, Sara Gubara, Nadja Korinth, Stefan Pethke und Katharina von Schroeder
14:30 Revisiting Memory, Hana al Bayaty und Yasmin Desouki
15:00 Abschlussdiskussion
Kontakt
Arsenal – Institut für Film und Videokunst e.V.
Potsdamer Straße 2
10785 Berlin