Prometheus
Oper von Carl Orff. Inszenierung im Rahmen der Ruhrtriennale 2012
Für die Inszenierung des Prometheus-Stoffes nach Aischylos konnte der Komponist und designierte Intendant der Ruhrtriennale 2012–2014, Prof. Heiner Goebbels, den aus Samoa stammenden Choreografen und Performance-Künstler Lemi Ponifasio gewinnen. Der Aufführungsort war die ehemalige Kraftzentrale im Landschaftspark Duisburg-Nord. Das großräumige Industriedenkmal ist prädestiniert für die Inszenierung dieser Orff-Oper: Mit seiner monumentalen Größe und historischen Funktion der Energiegewinnung steht es in direktem Bezug zum Prometheus-Mythos der Entwendung des Feuers.
Orff komponierte keinen menschlichen Konflikt, keine psychologische Auseinandersetzung, sondern artikulierte den Charakter des Stücks als Szene, auf der das Leiden der Titanen vorgeführt wird. Das Publikum erlebte eine statisch-architektonische Musik, in der sich vorharmonische Klangflächen ausbreiteten, explosive Ballungen von Tontrauben und Clustern auftauchten und der Ton sich immer wieder in Glissandi, Wirbeln und Geräuschwellen verflüchtigte. Die Sprache wurde musikalisch transformiert: Sie wurde von ihren Bindungen an Längen und Kürzen, an Wort und Versakzenten freigesetzt und als musikalisches Material genutzt. Die als Musik dynamisierte Sprache erreichte den Hörer mit elementarer Wucht. In ständig wechselnden Gruppierungen erklangen Instrumente aus aller Welt, unter anderem die afrikanische Wasamba Rassel, die japanischen Trommeln Taiko und O-Daiko, ein geschlagenes Holzbrett, die Holzklapper Bin Sasara und die Schlaghölzer Hyoshigi, das Banjo aus Nordamerika und Maracas, Congas und Guiro aus Südamerika. Durch diese Vielfalt vor allem des perkussiven Instrumentariums entstand – mit 16 Schlagzeugern – ein faszinierender Reichtum an fluktuierenden Klangfarben.
Für die Inszenierung dieses selten gespielten und aus dem Rahmen europäischer Opernentwicklung herausfallenden Werks mussten völlig andere Qualitäten gefunden werden als die vertrauten Register psychologischer Figurenführung. Orff setzte durch die Verweigerung einer organischen Entwicklungsdramaturgie und durch den Rückgriff auf die Originalsprache vor allem auf Fremdheit, auf Entfernung, auf Distanz. Mit Lemi Ponifasio fiel die Entscheidung auf einen Theatermacher, der den Zuschauer nicht nur mit einem anderen Rhythmus, sondern zugleich mit einer anderen Vorstellung von Zeit und Raum konfrontierte. Ponifasios einzigartige Arbeit lässt sich mit den Parametern des westlichen Theaters schwer beschreiben. Seine Stücke wirken entschleunigt – hypnotisch. Sie werden charakterisiert durch die Stärke ihrer Bilder, Bewegung und ein starkes Wechselspiel zwischen Licht und Dunkelheit. Die Unterscheidung von Tanz und Performance verschwimmt ebenso wie die Wahrnehmung des Zuschauers, der oft nur erahnen kann, was er gerade sieht. Die Originalität seiner künstlerischen Sprache, die auf die rituelle Qualität von Tanz und Bewegung verweist, dabei aber folkloristische Klischees, Mode und Popkultur meidet, macht ihn zu einem der weltweit führenden zeitgenössischen Künstler seines Genres.
Für die musikalische Realisierung konnte der Dirigent Peter Rundel gewonnen werden, der zusammen mit internationalen Solisten und mehreren Klangkörpern aus NRW – der musikFabrik, dem Chorwerk Ruhr, dem Schlagzeugensemble des Landesmusikrates NRW „SPLASH“ und den Instrumentalisten des Orchesterzentrums Dortmund – das Werk in der Kraftzentrale zur Aufführung brachte.
Künstlerische Leitung: Heiner Goebbels
Regie: Lemi Ponifasio
Dirigent: Peter Rundel
Dramaturgie: Stephan Buchberger
Klangregie: Norbert Ommer
Künstler/innen und Ensembles: musikFabrik, Chorwerk Ruhr, Schlagzeugensemble des Landesmusikrates NRW „SPLASH“, Instrumentalisten des Orchesterzentrums Dortmund u.a.
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