Das Städel Museum in Frankfurt am Main, bekannt für seine Sammlung mit Meisterwerken aus 700 Jahren europäischer Kunstgeschichte, setzte mit einer großen, retrospektiv angelegten Schau zum umfangreichen Werk von Victor Vasarely (1906 in Pécs, Ungarn − 1997 in Annet-sur-Marne, Frankreich) 2018/19 einen Akzent auf die Moderne. Vasarelys Œuvre verbindet die Kunst der Moderne mit der unserer Gegenwart, die ästhetisch enorm produktive Zeit zwischen den beiden Weltkriegen mit den Avantgarden der Nachmoderne. Es erstreckt sich über mehr als sechs Dekaden und integriert unterschiedlichste Stile und Einflüsse: Vasarely war Werbegrafiker und Künstler, Erfinder und Hauptvertreter der europäischen Op-Art, zentrale Figur der französischen Nachkriegskunst mit ungarischer Herkunft. Er ist heute wohl einer der „bekanntesten Unbekannten" der europäischen Kunst nach 1945. Vasarely und seine verschachtelten, oszillierenden, hypnotischen Bilder, Objekte und Skulpturen stehen emblematisch für eine facettenreiche, schillernde Moderne der 60er und 70er Jahre des letzten Jahrhunderts zwischen Avantgarde und Populärkultur.
Anhand von 120 Werken aus über sechzig Schaffensjahren Vasarelys wurde sein sukzessives Einebnen der ästhetischen Grenze zwischen High and Low, zwischen Pop und Moderne in der Frankfurter Ausstellung für das Fachpublikum wie auch für eine breitere Öffentlichkeit sichtbar gemacht. Deutlich wurde dabei nicht nur ein völlig anderer und komplexerer Künstler, sondern vor allem eine neue Geschichte des das gesamte 20. Jahrhundert durchziehenden Projekts „Moderne“. Ausgehend von zentralen Arbeiten aus seinem Werk hat die Frankfurter Ausstellung die Wurzeln und die Entstehung dieses Jahrhundert-Œuvres nachgezeichnet: So wird in den frühen, teils noch Figuration und Abstraktion mischenden malerischen Arbeiten deutlich, wie sehr der Op-Art-Künstler der Kunst der russischen und deutschen Avantgarden der 1910er und 20er Jahre verbunden war. Zugleich zeugen schon die sich umschlingenden Tiger oder abstrakte Bewegungsstudien dieser frühen Jahre von der ambivalenten Grundhaltung, die Vasarelys Werk bis zuletzt prägt: Die Strenge der Geometrie wird spielerisch in Bewegung versetzt, das Raster der Moderne gerät in Schwingung, die anfangs noch stabil in sich ruhenden Kompositionen geraten aus dem Lot.
Was oberflächlich als Irritation der Sinne, als spielerische Täuschung der Wahrnehmung daherkommt, ist tatsächlich eine der konsequentesten Infragestellungen und Fortentwicklungen des Projekts Moderne. Unter der leicht konsumierbaren Op-Art-Oberfläche wird der statische Bildbegriff der frühen Moderne dynamisiert. Der allzu gern auf seine die Sinne verwirrende Op-Art reduzierte Künstler wird so zu einer der zentralen Figuren der modernen und nachmodernen Malerei.
Die in Kooperation mit dem Centre Pompidou, Paris, organisierte Ausstellung „Victor Vasarely − Im Labyrinth der Moderne" wurde in dem angestrebten Umfang und der Breite des zu präsentierenden Werküberblicks durch Leihgaben aus zahlreichen europäischen wie auch US-amerikanischen Sammlungen möglich. Im Besonderen trugen hierzu die Sammlungsstücke des Kooperationspartners Centre Pompidou bei wie auch die Leihgaben Michele Vasarelys, deren umfangreiche Sammlung in den vergangenen beiden Dekaden nicht mehr in Europa zu sehen war.
Kurator/innen: Martin Engler, Jana Baumann
Termine
Aktuell keine bevorstehenden Termine
Vergangene Termine
26. September, 2018 bis 13. Januar, 2019: Ausstellung
Städel Museum, Frankfurt am Main
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60596 Frankfurt am Main