Schrumpfende Städte
Schrumpfende Städte
Die Situation ist dramatisch: 1,3 Millionen Wohnungen stehen in Ostdeutschland leer, im Jahr 2030 sollen es zwei Millionen sein. 20 Prozent der Menschen sind arbeitslos. Über eine Million Einwohner haben die neuen Bundesländer seit 1991 verlassen. Vor allem junge, gut ausgebildete Leute kehren ihrer Heimat den Rücken und ziehen den zur Zeit ohnehin raren Jobs oder Lehrstellen hinterher gen Westen. Die Bevölkerung Ostdeutschlands könnte sich laut amtlicher Prognosen bis 2050 halbieren (externer Link, öffnet neues Fenster)- auch aufgrund des demografischen Wandels.
Ostdeutschland ist kein Einzelfall. Neben mehreren Schrumpfungsgebieten in Westdeutschland gibt es weltweit knapp 400 Städte über 100.000 Einwohner, die in den letzten fünfzig Jahren nachhaltig geschrumpft (externer Link, öffnet neues Fenster)sind. Die Bevölkerung in den alten Industriestaaten beginnt kleiner zu werden; der Urbanisierungsprozess hat seinen Zenit erreicht und ist rückläufig; die Wirtschaft wächst zwar noch geringfügig, aber die Beschäftigung nimmt schon seit einiger Zeit stetig ab. Es ist das Ende einer 200jährigen Epoche, in der in den Industrieländern Bevölkerung, Wirtschaft, Wohlstand und Städte nahezu kontinuierlich und meist in rapidem Tempo gewachsen sind.
Projektbeschreibung
In vierjähriger Arbeit hat das Initiativprojekt der Kulturstiftung das weltweite Phänomen urbaner Schrumpfung anhand zahlreicher Fallbeispiele u.a. in Deutschland, Großbritannien, Russland und den USA untersucht und Vorschläge für Interventionen gemacht. Mehr als 200 Künstler, Architekten, Wissenschafter und lokale Initiativen haben von 2002 bis 2008 an dem Projekt Schrumpfende Städte beteiligt. Die Ergebnisse wurden bislang in zwei Ausstellungen sowie in mehreren Büchern, digitalen Veröffentlichungen und zahlreichen Veranstaltungen präsentiert.
Der Erfolg der Ausstellungen in Berlin, Halle/Saale und Leipzig übertraf alle Erwartungen: "Schrumpfende Städte" gehörte jeweils zu den bestbesuchtesten Ausstellungen der jeweiligen Häuser. Die ersten 5.000 Exemplare des ersten Buches waren binnen weniger Wochen vergriffen.
Sowohl in der deutschen wie in der internationalen Debatte etablierte das Projekt den Begriff "schrumpfende Städte / shrinking cities" und leistete einen wesentlichen Beitrag zu der in den letzten Jahren geführten öffentlichen Diskussion.
Von Herbst 2006 bis Frühjahr 2008 präsentierte das Projekt Schrumpfende Städte seine globalen Untersuchungsergebnisse und seine Vorschläge zu Handlungskonzepten in einem weltweiten Kontext. Schwerpunkt der Tour waren mit den USA, Großbritannien, Russland, Japan und Deutschland dabei einige jener Länder, die von massiven städtischen Schrumpfungsprozessen betroffen sind. Seit den 1990er Jahren verloren 25% der Großstädte weltweit an Bevölkerung, Tendenz steigend. Das Projekt Schrumpfende Städte initiierte somit einen internationalen Erfahrungsaustausch über dieses bislang vernachlässigte urbane Phänomen, das in den letzten Jahrzehnten - neben den parallel stattfindenden rapiden Urbanisierungsprozessen - zu einer weltweit wichtigen Fragestellung der Stadtentwicklung geworden ist.
Die Konzeption der Ausstellung wurde für jeden der Standorte individuell angepasst und aktualisiert und von gemeinsamen Aktivitäten und Veranstaltungen mit den jeweiligen lokalen Partnern begleitet.
Die internationalen Stationen waren:
Italien, Venedig, Biennale di Venezia: Beitrag zur 10. Internationalen Architekturbiennale, Venedig vom 10. September bis 19. November 2006.
Bulgarien, Rousse (externer Link, öffnet neues Fenster): Kunstgalerie Ruse, 14. Dezember 2006 - 14. Januar 2007
USA, New York (externer Link, öffnet neues Fenster): Pratt Manhattan Gallery / Van Alen Institute, November 2006 bis Februar 2007.
Japan, Tokio (externer Link, öffnet neues Fenster): Akihabara UDX Building, Akihabara Square, 28. Januar - 18. Februar 2007.
USA, Detroit (externer Link, öffnet neues Fenster): Cranbrook Art Museum, Bloomfield Hills / Museum of Contemporary Art Detroit (MOCAD), Februar / März 2007.
Bulgarien, Sofia (externer Link, öffnet neues Fenster): Dauhaus - independent art space, 20. Februar 2007 - 1. März 2007
USA, Cleveland (externer Link, öffnet neues Fenster): SPACES Gallery und Cleveland Urban Design Center, 20. April - 8. Juni 2007.
Großbritannien, Manchester (externer Link, öffnet neues Fenster): CUBE / Liverpool: RENEW Rooms, 14. November 2007 bis 20. Januar 2008.
Deutschland, Frankfurt/Main (externer Link, öffnet neues Fenster): Deutsches Architekturmuseum in Frankfurt (DAM), 8. Dezember 2007 bis 17. Februar 2008.
Deutschland, Dortmund: Museum am Ostwall, 17. Februar 2008 bis 27. April 2008 und Duisburg: Liebfrauenkirche, 27. Februar 2008 bis 11. Mai 2008.
Russische Föderation, St. Petersburg: Pro Arte Institute in Kooperation mit State Museum of History St Petersburg, Frühjahr 2008.
Publikationen:
Schrumpfende Städte, Band 1: Internationale Untersuchung
Hg. von Philipp Oswalt im Auftrag der Kulturstiftung des Bundes; 736 Seiten, 17 x 22,5 cm, Broschur, mit über 400 Farbabbildungen, 39.80 Euro, Verlag Hatje Cantz 2005
Mit Texten von Regina Bittner, Robert Fishman, Yasuyuki Fuji, Linda Grant, Dave Haslam, Jerry Herron, Susanne Hauser, Wolfgang Kil, Thomas van Leeuwen, Klaus Müller, Klaus Ronneberger, Sergej Sitar, Thomas J. Sugrue, Katherine Verdery, Kevin Ward u.v.a.; Fotos von Stan Douglas, John Ganis, Ken Grant, Bas Princen, Tom Wood, Tobias Zielony u.a.
Schrumpfende Städte, Band 2: Handlungskonzepte
Hg.: Philipp Oswalt im Auftrag der Kulturstiftung des Bundes, ISBN 3-7757-1558-4, 900 Seiten, ca. 500 Farbabbildungen, 39.80 Euro, Verlag Hatje Cantz 2005.
Essays von Ash Amin, Regina Bittner, Jörg Dettmar, Dan Graham, Wolfgang Engler, Robert Fishman, David Harvey, Juan Herreros, Bart Lootsma und vielen anderen. Projekte von Will Alsop, Ruedi Baur, Florian Beigel, Chaos Computer Club, Crimson, Jeremy Deller, M. J. Ginzburg, L 21, Gordon Matta-Clark, MUF, OMA., Hidetoshi Ohno, Cedric Price, Robert Smithson, Superflex, Oswald Mathias Ungers und vielen anderen.
Atlas der schrumpfenden Städte / Atlas of Shrinking Cities
Hrsg. Philipp Oswalt und Tim Rieniets. Unter redaktioneller Mitarbeit von Elke Beyer, Anke Hagemann, Kristina Herresthal und Henning Schirmel, 160 Seiten, 26,7 x 37,5 cm, mit zahlreichen farbigen Karten, deutsch/englisch, Verlag Hatje Cantz, Ostfildern, 2006, ISBN 3-7757-1714-5, 39,80 Euro.
Der Atlas der Schrumpfenden Städte wurde 2007 im Wettbewerb "Die schönsten Schweizer Bücher" ausgezeichnet.
Schrumpfende Städte ist ein Initiativprojekt der Kulturstiftung des Bundes in Kooperation mit dem Projektbüro Philipp Oswalt, der Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig, der Stiftung Bauhaus Dessau und der Zeitschrift archplus.
Leitender Kurator:
Philipp Oswalt (Architekt/Publizist, Berlin)
Kuratorisches Team:
Walter Prigge (Stiftung Bauhaus Dessau); Barbara Steiner (Galerie für Zeitgenössische Kunst Leipzig); Kyong Park (International center for Urban Ecology, Detroit); Nikolaus Kuhnert (Zeitschrift archplus, Berlin)
Lokale Kuratoren:
Detroit: Mitch Gope, Kyong Park mit Dan Pitera/DGDG; Ivanovo: Sergei Sitar, Alexander Sverdlov; Liverpool/Manchester: Joshua Bolchover, Paul Domela, Philipp Misselwitz