Eigen-Fremd im ethnischen Quer- und Längsschnitt

Forschung an der völkerkundlichen Sammlung des Landesmuseums Oldenburg

Copyright: Landesmuseum Natur und Mensch Oldenburg

Das Landesmuseum für Natur und Mensch Oldenburg verdankt seinen Ursprung einer klassisch herzoglichen Wunderkammer. Die Geschichte seiner Sammlungen reicht bis zum Jahr 1836 zurück. Als Dreispartenhaus umspannt es heute den weiten Bogen von der Völkerkunde über die Archäologie bis hinzu Botanik und Zoologie. Der Fellow Glenn Ricci beschäftigte sich mit der Verbesserung der digitalen Datenerfassung der ethnologischen Sammlung, die circa 6000 Objekte aus aller Welt umfasst. Die von ihm recherchierten Daten ermöglichten im Anschluss eine Untersuchung von ethnischen Einflüssen: Welche Gegenstände sind rein autochthonen Ursprungs, welche unterlagen auf Grund von Wanderbewegungen oder Handel Einflüssen von außen? Wie entwickelten sich bestimmte Kulturen im zeitlichen Längsschnitt und wie gestaltete sich die Dynamik zwischen Binnen- und Außenverhältnis?
Die Auswertung der digitalen Daten dient dazu, die Grundlagen für eine neue Dauerausstellung des Hauses zu formulieren. Vorgesehen ist ein neuartiges Konzept, bei dem den Besucher/innen ein Vergleich ausgewählter Kulturen weltweit, einschließlich Europas, auf verschiedenen Zeithorizonten ermöglicht werden soll.

Ausstellung "Eigen und fremd in Glaubenswelten"

Das Landesmuseum Natur und Mensch besitzt neben seinen naturkundlichen und archäologischen Sammlungen auch eine umfangreiche ethnologische Sammlung, zusammengetragen aus der ganzen Welt. Die Ausstellung führte die ethnografischen Objekte zum Teil provokant zusammen und zeigte, wie sie Ausdruck verschiedener, aber auch ähnlicher Religionen und Glaubensvorstellungen auf dieser Welt sind. Denn manche stehen für einzigartige religiöse Ideen und symbolisieren Fremdes, andere zeigen überraschende Übereinstimmungen zu anderen Glaubensformen auf und erinnern auf diese Weise an Eigenes. Sie führte durch die Kulturen verschiedener Kontinente und machte auf erstaunliche Weise sichtbar, dass sich viele Parallelen zwischen den Kulturen – auch zur westlichen Welt - finden lassen. Angefangen bei den Ursprüngen, widmete sich die Ausstellung der Frage der Schöpfung des Menschen und gab einen Einblick in die vielfältigen Mythologievorstellungen, wie die Welt erschaffen worden ist. Opferungen, Körperkult, Festivitäten, Fasten und generelle kulturelle Tabus waren Inhalt eines zweiten Ausstellungsbereichs. Zuletzt griff die Schau ein universelles Thema auf, das jeder Kultur vertraut ist: den Tod. „Eigen und fremd in Glaubenswelten“ gab mit den vielfältigen Sammlungsstücken einen Einblick in die Glaubenswelten, Bräuche und Praktiken der Gesellschaften, durch die sie geschaffen wurden. Gegenüberstellungen zwischen den Kulturen zeigten gleichzeitig, welche Objekte eigenen oder fremden Ursprungs sind; sie lassen das Fremde vertrauter werden. Kuratiert von Glenn Ricci.

Ausstellung "Böser Wilder, friedlicher Wilder"

Ende des 19. Jahrhunderts hatte das Deutsche Kaiserreich wesentlich mehr ethnografische Objekte aus seinen Kolonien gesammelt als die anderen Kolonialreiche. Die Völkerkundemuseen wurden regelrecht mit Objekten überschwemmt. Noch heute stammt die Mehrzahl der Ethnografika deutscher Museen aus dieser Zeit. In der Darstellung der jeweiligen indigenen Kulturen skizzierten die frühen Völkerkundemuseen ein Bild der „bösen Wilden“. Heute sind die überfüllten Vitrinen des imperialen Deutschlands des 19. Jahrhunderts abgelöst durch moderne Präsentationen: Meist einzeln und Kunstwerken ähnlich ausgestellt, formt auch die Auswahl der Objekte nun ein ganz anderes Image der Anderen.
Ethnologische Objekte aus der museumseigenen Sammlung und historische Fotografien illustrierten in der Ausstellung "Böser Wilder, friedlicher Wilder" diesen Sinneswandel. Ihnen zur Seite gestellt wurden geschichtliche Ereignisse und pseudo-wissenschaftliche Theorien, (wie z.B. der Sozialdarwinismus) die die ethnologische Interpretation und Präsentation von Kulturen beeinflussten. Eindrucksvoll verdeutlichten diese Gegenüberstellungen, dass die museale Präsentation anderer Kulturen oft viel mehr über die eigene Gesellschaft erzählt als über das Leben der Anderen – damals wie heute. Kuratiert von Glenn Ricci.

Mit dem Programm Fellowship Internationales Museum

ermöglicht die Kulturstiftung des Bundes Gastkuratoren und Wissenschaftlern aus dem Ausland, für eine Dauer von 18 Monaten an einem Museum oder einer öffentlichen Sammlung in Deutschland zu arbeiten.

Fellowship Internationales Museum (externer Link, öffnet neues Fenster)

Glenn Ricci, Fellow am Landesmuseum für Natur und Mensch Oldenburg

Der amerikanische Archäologe Glenn Ricci (*1984) studierte weltweit historische archäologische Stätten mit einem Forschungsschwerpunkt auf der kulturellen Rolle der Funde. In seiner Masterarbeit analysierte er ein mittelalterliches Massengrab. Er liefert mit seiner kulturellen Interpretation einen Beitrag zum bisher nicht dokumentierten Teil der Gesellschaft. Als Fellow des Oldenburger Landesmuseum Natur und Mensch prüfte Glenn Ricci die ethnologische Sammlung von Artefakten und gestaltete hiermit eine Ausstellung, die sich der konvergenten Evolution der Kulturen der Welt widmete.

Kontakt

Landesmuseum für Natur und Mensch Oldenburg

Damm 38–44

26135 Oldenburg

www.naturundmensch.de (externer Link, öffnet neues Fenster)