Echo Yinsin Ho
Von Janina Bach
Vor zwölf Jahren hat Echo YinSin Ho Peking verlassen; doppelt so lang ist es her, dass sie als Kind aus ihrem Geburtshaus im Stadtzentrum auszog. Zurückgekehrt nach Peking, fühlt sie sich wie eine Touristin, die nur langsam Bezüge zu der modernisierten, ihr fremd gewordenen Stadt entdeckt. Zurückgekehrt in ihr Geburtshaus, macht sie die Erfahrung eines starken Zeitbruchs. So entsteht ein Gefühl der Distanz, dessen Auswirkung die Künstlerin jedoch als positiv empfindet: Es fördert eine erneute Annäherung, durch die sie scheinbar Gleiches und Anderes differenzierter wahrnehmen kann.
Echo Hos Geburtshaus befindet sich in unmittelbarer Nähe zum Tiananmen Platz und gehört zu den letzten vom Abriss verschonten traditionellen, einstöckigen Hofhäusern. Der Eingang liegt neben einer prächtigen Auffahrt zur Villa des Pekinger Bürgermeisters. Ein kleines, schlichtes Tor führt in das Hofhaus, das längst seine traditionelle Struktur verloren hat. Echo Ho kennt den großen, blumenbewachsenen Hof nur noch aus den Erzählungen ihrer Mutter. Im Zuge der Kulturrevolution verlor die Familie mehrere Zimmer an neu Eingesiedelte, und der Hof verschwand unter neu angebauten Zimmern. Nun führt ein schmaler Weg zwischen Fahrrädern, Topfpflanzen und aufgestapelten Backsteinen zu dem Zimmer, in dem die Künstlerin ihre Videokamera aufgebaut hat. Sie filmt im Zeitraffer die Bewegungen anderer Bewohner, die über den schmalen Weg von einem Zimmer ins andere gehen, den Müll draußen vors Haus werfen, das Essen zubereiten. Die alltäglichen Bewegungen der Bewohner dieses Hofhauses interessieren die Künstlerin. Sie beobachtet die Beziehung zwischen Körper und Bewegung, zwischen Körper und Raum, die für sie nicht trennbar sind.
Als von außen kommende Künstlerin fühlt sie sich "wie fremd eingepflanzt in die normale Lebenssituation" der anderen Bewohner. Ausgehend von Foucaults Denkmodell der Heterotopien begreift sie ihr Geburtshaus einerseits als einen Ort, der zur Lebensrealität seiner Bewohner gehört, und andererseits als den Ort ihrer künstlerischen Auseinandersetzung mit der Erinnerung an ihre Kindheit. Diese Diskrepanz setzt sie um, indem sie in ihrer Videoinstallation zwei Räume schafft, einen realen und einen fiktiven Raum. Das Zimmer, aus dem sie das Leben außerhalb filmt, wird sie durch eine Installation umbauen und sich selbst darin als eine Performance mit inszenierten Bewegungen filmen. Eine Stimme aus dem Off wird einen Text sprechen, der das Phänomen der verschiedenen, gleichzeitig existierenden Orte thematisieren soll.
Parallel zu der filmischen Arbeit läuft Echo Ho entlang den Ringstraßen durch die Stadt. Unter den Brücken der Verkehrsknotenpunkte entstanden akustische Räume, deren Klänge sie aufnimmt: das intensivierte Geräusch des Verkehrs und die Lautmischung sozialer Zusammenkünfte. Tagsüber finden unter einigen Brücken kleine Märkte statt, abends wird getanzt - sogar organisierte Tanzveranstaltungen für Singles gibt es. Die Ringstruktur der Stadt will die Künstlerin in einer Komposition der Klänge zum Ausdruck bringen, die als "sourround-sound" mit der Video-Installation verbunden wird. So inszeniert Echo Ho auf mehreren Ebenen das Nebeneinander von traditionellem Leben und Modernisierung in der chinesischen Metropole.