Das Potosí-Prinzip
Ausstellung, Konferenz, Vermittlungsprogramm, Publikation
Nicht nur Rohstoffe, sondern auch Bilder, materielle wie ideelle, wurden vom kolonialen Lateinamerika nach Europa transportiert. Zum 200. Jahrestag der Unabhängigkeitsbewegungen in Lateinamerika widmete sich das Haus der Kulturen der Welt zusammen mit Partnern in Spanien und Bolivien einem speziellen Aspekt der Kolonialgeschichte: dem Zusammenhang von Handels- und Imagetransfers, von Wirtschafts- und Denkstrukturen zwischen Lateinamerika und Europa. Das Projekt unter Leitung von Andreas Siekmann, Alice Creischer sowie Max Hinderer untersuchte, wie wirtschaftliche und bildpolitische Zusammenhänge seit dem 16. Jahrhundert bis heute die Weltordnung und damit auch unsere Wahrnehmung der Welt prägen.
Anhand der Geschichte der andinen Kolonialmalerei und zeitgenössischen Werken, die Bezug nehmen auf den visuellen Transfer der Kolonialgeschichte, zeigte die Ausstellung die systematische Ausbeutung des Vizekönigreichs Peru, das einen Großteil des südamerikanischen Kontinents umfasste. Der Titel des Projektes verweist auf die Stadt Potosí im bolivianischen Hochland, eine der legendären Silberstädte aus der Kolonialzeit, die jahrhundertelang ein Synonym für Reichtum war. Noch heute ist der Ausdruck "vale un Potosí" - das ist ein Vermögen wert - im Spanischen geläufig.
Aus Sicht der Kuratoren ist das Potosí-Prinzip nicht auf Hispanoamerika beschränkt, sondern auf andere geografische Räume und Zeiten übertragbar. Ein internationales Expertenteam beschäftigte sich mit dem Zusammenhang zwischen kapitalistischer Weltordnung und Bildproduktion und seinen Auswirkungen auf unser Weltbild. Die Untersuchungsergebnisse flossen in die Ausstellung und eine internationale wissenschaftliche Konferenz ein; zusätzlich gab es ein Vermittlungsprogramm. Kooperationspartner und weitere Ausstellungsorte waren das Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofía in Madrid, das Museo Nacional de Bellas Artes und das Museo Nacional de Etnografía y Folclore, beide La Paz (Bolivien).
Künstlerische Leitung: Andreas Siekmann
Kuratoren: Alice Creischer, Max Jorge Hinderer und Andreas Siekmann
Künstler/innen: Sonia Abián (ESP), Anna Artaker (AT), Christian von Borries (DE), Matthijs de Bruijne (NL/CHN), Chto Delat (RU), Rogelio López Cuenca (ESP), Stefan Dillemuth (DE) und Konstanze Schmitt (DE), Ines Doujak (AT), Elvira Espejo (BOL), Harun Farocki (DE), León Ferrari (ARG), María Galindo/Mujeres Creando (BOL), Isaías Griñolo (ESP), Eduardo Molinari (ARG), Museum of Migrant Workers (CHN), David Riff und Dmitry Gutov (RU), Zhao Liang (CHN).
Kontakt
Haus der Kulturen der Welt
John-Foster-Dulles-Allee 10
10557 Berlin