Mit dem Fonds Doppelpass fördert die Kulturstiftung des Bundes bereits seit 2011 gezielt Kooperationen zwischen freien Gruppen und festen Tanz- und Theaterhäusern und unterstützt sie bei der Erprobung neuer Formen der Zusammenarbeit und künstlerischer Produktion. Der Fonds Doppelpass erfreut sich bei Antragstellern aus ganz Deutschland hoher Beliebtheit und ist seit fünf Jahren ein wichtiger Impulsgeber für Innovationen in der Theaterlandschaft geworden.
Die Jury des Theaterfonds „Doppelpass“ der Kulturstiftung des Bundes hat auf ihrer jüngsten Sitzung entschieden, dass nochmals 13 Kooperationen (Kurzbeschreibungen siehe unten) Fördergelder in einer Gesamthöhe von 1,9 Mio. Euro erhalten. Damit erhöht sich die Anzahl der im Fonds Doppelpass geförderten Theaterpartnerschaften auf nunmehr 59 insgesamt.
Das Kernstück des Fonds Doppelpass bildet ein zweijähriges Residenzprogramm, das Künstlerinnen und Künstlern beider Seiten den nötigen Freiraum eröffnen soll, ihre Strukturen und Arbeitsweisen produktiv zu verbinden. Die Partnerschaften werden über einem Zeitraum von zwei Spielzeiten realisiert und mit jeweils bis zu 150.000 Euro gefördert. Zusätzlich unterstützt der Fonds Gastspiele aus den geförderten Partnerschaften, um zu ermöglichen, dass ausgewählte Ergebnisse der Zusammenarbeit auch an weiteren Orten innerhalb Deutschlands und im Ausland gezeigt werden.
Die Mitglieder der Doppelpass-Jury sind Katja Aßmann (Künstlerische Leiterin von Urbane Künste Ruhr), Tunçay Kulaoğlu (Dramaturg, Autor und Übersetzer, Berlin), Holger Schultze (Intendant am Theater Heidelberg), Manuel Schöbel (Intendant der Sächsischen Landesbühnen) und Christine Wahl (Journalistin).
Weitere Informationen zum Fonds Doppelpass finden Sie unter www.kulturstiftung-bund.de/doppelpass (externer Link, öffnet neues Fenster). Nähere Auskünfte gibt Ihnen gern auch Sebastian Brünger unter Tel. +49 (0)345 2997-163.
Neue Doppelpass-Kooperationen:
Mit dem Projekt „fremdKörper“ stellen sich das SETanztheater Nürnberg und das Stadttheater Ingolstadt gemeinsam der Herausforderung, eine neue Tanztheatersparte am Haus zu etablieren. In drei partizipativen Tanzprojekten werden gemischte Ensembles aus Tänzern, Schauspielern und Laien zusammengestellt und ungewohnte Arbeitsweisen erprobt.
Unter dem Motto „Ceci n’est pas un HYPE!“ greifen die Tandempartner copy & waste und Schauspiel Leipzig den derzeitigen Hype um Leipzig auf. In einem Audiowalk sowie Performances im und außerhalb des Theaters werden Inszenierungsstrategien einzelner Protagonist/innen, Gruppen und Stadtteile Leipzigs zum Thema – mit der zentralen Frage: Wer gewinnt/verliert was durch den Hype?
Das Landestheater Schwaben und die geheimagentur begeben sich auf eine ‚archäologische‘ Forschungsreise durch das Allgäu, um private Geschichten und persönliche Dinge zu sammeln und zu verdichten. Mit einem mobilen Recherchefahrzeug, einem lokalen Fundbüro, einem Theaterlabor und einer abschließenden Bühneninszenierung werden „Die Vereinigten Vergangenheiten“ auf ihr utopisches Potenzial befragt und als Ressource für Zukunftsvisionen genutzt.
Mit dem Recherchetheaterprojekt „Stoff“ erkunden recherchepool und das Theater Bielefeld die lokalen und globalen Zusammenhänge der internationalen Textilproduktion. Ausgehend von der traditionsreichen Bielefelder Textilbranche durchleuchten im ersten Jahr verschiedene Teams aus Wissenschaft, Journalismus und Künsten die weltweiten Wertschöpfungsketten, um im zweiten Jahr spartenübergreifende Projekte für die Bühne sowie filmische und wissenschaftliche Studien zu entwickeln.
Der Ringlokschuppen Mülheim an der Ruhr und die Europäische Gemeinschaft für Kulturelle Angelegenheiten mit Sitz in Berlin nehmen in „Performing Politics of Care“ die Jubiläen der russischen Oktoberrevolution und des Mai 1968 zum Ausgangspunkt, um mit sozialer Imagination der scheinbaren Alternativlosigkeit im kapitalistischen Realismus entgegenzutreten. An der Schnittstelle von Theater, Theorie und Politik werden in zwei Laboren und zwei Inszenierungen Auswege aus den Sackgassen der Gegenwart gesucht.
In Berlin verbinden sich die Sophiensaele und das Lwowski Kronfoth Musiktheaterkollektiv, um das Musiktheater in der freien Szene zu stärken und zwei große Opern zu bearbeiten. Unter dem Titel „Die Todesqualle oder Wer flüstert, der lügt“ werden Puccinis „Turandot“ und Beethovens „Fidelio“ in zwei öffentlichen Studienreihen erforscht und in zwei Abschlussinszenierungen auf die Bühne gebracht.
Das Berliner Theaterkollektiv Futur II Konjunktiv und das Theater Trier untersuchen über zwei Spielzeiten die politischen Emotionen der Angst und der Solidarität als Motivation politischen Handelns. Mittels vier Interventionen im Stadtraum von Marx‘ Geburtsstadt wird dem Ruf „Hoch die internationale Solidarität!“ nachgegangen und in zwei Bühneninszenierungen die Klassensolidarität im Europa von heute befragt.
Das Junge Theater Bremen und das kainkollektiv Bochum gehen gemeinsam auf die Suche nach den digitalen und politischen Märchen einer neuen europäisch-globalen Generation. Zu diesem Zweck beabsichtigen sie ein internationales Ensemble auf Zeit zu gründen, das in zwei spartenübergreifenden Bühnenprojekten von kommenden Geschichten – „Of Coming Tales“ – berichten wird.
K.A.U. & Wdowik und das Staatstheater Darmstadt erarbeiten eine Oper, welche die europäische Krise besingt. Dafür fahren sie bis an die Grenze Nordpolens. Im Gepäck ein Libretto, das sie auf der Strecke mit Ensemblemitgliedern und lokalen Musik-Gruppen für die Kamera in Szene setzen. Diese Reise ist die musikalische und filmische Grundlage für die Oper „Fiasko“, die 2018 in Darmstadt uraufgeführt wird.
Das Stuttgarter Künstlerduo Herbordt/Mohren und das Badische Staatstheater Karlsruhe unterziehen das Mehrspartenhaus mit „Das Repertoire“ einer interdisziplinären Institutionenkritik. Mit einem mobilen Büro, einer Publikumsstudie, einer Theaterreise und einer Produktion, die das ganze Haus bespielt, erproben sie andere Formate der Begegnung und fragen nach der Zukunft des Theaters.
Die Leipziger Performance-Gruppe internil und der Berliner Theaterdiscounter beschäftigen sich mit Apokalyptik und „Stammeskultur“ in den neuen Sozialen Medien. Ihr Projekt „Gog/Magog“ ist eine Recherche in vier Etappen, die Netzdiskurse zu aktuellen Krisen erforschen und zu einer abschließenden Inszenierung verdichten wird. Dabei werden Techniken aus Schauspiel, Performance und Virtual Reality verschränkt, um das Digitale ins Analoge zu überführen.
Das Kölner Regie- und Autorenduo Hofmann & Lindholm und das Staatstheater Stuttgart verbünden sich unter der Überschrift „Res Publica“ für ein langfristig angelegtes Experiment. Gemeinsam mit dem Ensemble, den Gewerken und Abteilungen des Theaters wollen sie sich unter Beteiligung des Publikums über die Inszenierung einer Lüge verständigen: Eine Aufführung, die regulär angekündigt, bejubelt und besprochen werden wird, obwohl sie niemals so stattgefunden haben wird, wie es die Behauptung nahelegt.
Das junge Gestalterkollektiv yrd.works aus Offenbach und der Mousonturm Frankfurt unterziehen das Konzept des Künstlerhauses einer Revision und entwickeln verschiedene architektonisch-performative Interventionen. Während zunächst im Mousonturm durch sechs Skulpturen alternative Handlungs- und Begegnungsräume entstehen, wird später in Offenbach das postdisziplinäre „Künstlerhaus 2.0“ errichtet.